Definition im §2 NBGG (Niedersächsisches Behindertengleichstellungsgesetz) mehr
(3) Barrierefrei sind bauliche und sonstige Anlagen, Verkehrsmittel, technische Gebrauchsgegenstände, Systeme der Informationsverarbeitung, akustische und visuelle Informationsquellen und Kommunikationseinrichtungen sowie andere gestaltete Lebensbereiche, wenn sie für Menschen mit Behinderungen in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe zugänglich und nutzbar sind.
Beim Bauen und Wohnen wird der Begriff auf die DIN-Normen des Barrierefreien Bauens bezogen.
DIN 18040 Teil 2 - Wohnungen
Die Architektenkammer Niedersachsen bietet allen Interessierten - Betroffenen, Bauwilligen, Architekten und Institutionen - eine kostenlose Beratung bei Fragen zum behindertengerechten und altersgerechten Bauen an. Hier können Sie sich informieren: Link
Für die Wohnberatung steht die DIN 18040-2 „Wohnungen“ im Fokus. Sie gilt für den Neubau. Alle übrigen im Gebrauch befindlichen Begriffe in Bezug auf Wohnungen (wie z. B. „altersgerecht“, „barrierearm“, „barrierereduziert“, „komfortabel“, „seniorengerecht“ u. v. m.) sind nicht definiert und benötigen eine genaue Erklärung, was konkret umgestaltet bzw. welche Barrieren abgebaut wurden.
Literaturhinweise mehr
DIN 18040 / BARRIEREFREIES BAUEN:
Um den Bestand an Wohnungen ohne oder mit nur wenigen Barrieren zu vergrößern, sollten im Rahmen von Modernisierungs- und Sanierungsarbeiten die Bedürfnisse beeinträchtigter Menschen von vornherein weitmöglichst berücksichtigt werden. Dies wird strukturelle Wohnungsanpassung genannt. Die DIN 18040-2 dient dabei zur Orientierung. In den Bädern werden z. B. bodengleiche Duschen eingebaut, Schwellen werden beseitigt und die Badezimmertür verbreitert. mehr
Bei wenigen Bestandswohnungen ist es möglich, die DIN 18040-2 zu erfüllen. Aber jede Annäherung an die empfohlenen Maßnahmen kann für ältere Menschen und für Menschen mit Behinderungen oder Beeinträchtigungen eine Erleichterung in der täglichen Nutzung bedeuten. Auch bei Wohnungen, die nur über Stufen zu erreichen sind, lohnt es sich, zumindest die Wohnung anzupassen. Damit wird vielen Menschen ermöglicht, sich zumindest in der Wohnung noch weitgehend selbstständig bewegen zu können. Insbesondere auch für Menschen, die vorübergehend auf einen Rollator oder Rollstuhl angewiesen sind, bedeutet eine angepasste Wohnung, dass sie nach dem Krankenhausaufenthalt wieder in die eigenen vier Wände zurückkönnen. Viele dieser Maßnahmen sind kostenneutral umzusetzen und sollten auf jeden Fall berücksichtigt werden. Link
Darüber hinaus ist es sinnvoll, in jedem Wohnquartier komplett barrierefreie Wohnungen vorzuhalten, damit Menschen, die umziehen möchten, in ihrer vertrauten Wohnumgebung bleiben können.
Checkliste für die strukturelle Wohnungsanpassung bei Sanierungs- und Modernisierungsmaßnahmen pdf
Gutes Beispiel:
Städtische Wohnungsgesellschaft Bremerhaven (STÄWOG): "Living Streets" mit Erschließungsgalerie
Das städtische Wohnungsunternehmen STÄWOG hat ein viergeschossiges sanierungsbedürftiges Gebäude der 50er Jahre barrierefrei erschlossen, indem das gesamte Gebäude saniert und verglaste Erschließungsgalerien mit Aufzügen angebaut wurden. Entstanden sind 54 barrierefreie Wohnungen. Der Standard ist annähernd so hoch wie in einem Neubau, die Kosten betragen aber nur 50-60% eines Neubaus, so dass die Mieterinnen und Mieter auch weiterhin von günstigen Mieten profitieren können. Auch die Ökobilanz ist deutlich günstiger als bei einem Neubau. mehr
"Living Streets" - Sanierung Neuelandstr.
Im Abstand von zwei Metern wurde ein mit Glas eingehülltes Laubengangerschließungssystem an die Außenfassaden angebracht. Damit sind die Mieterinnen und Mieter bei schlechtem Wetter geschützt und es sind halböffentliche Räume entstanden, die von den Mieterinnen und Mietern gerne genutzt werden. Aus sieben Eingängen würden wurden zwei Eingänge, die jeweils mit einem Aufzug ausgestattet wurden. Die alten Treppenhäuser blieben u.a. aus Brandschutzgründen erhalten. Auch die Wohnungen wurden saniert und vollständig barrierefrei umgebaut. Es wurden Stichwege zu den Erschließungsgalerien geschaffen, indem jeweils eine Wohnung verkleinert und das Treppenhaus vergrößert wurde. An der Rückseite der Gebäude wurden Balkone angebracht. Die unbeliebten Erdgeschosswohnungen wurden durch Mietergärten aufgewertet. Diese sind barrierefrei zu erreichen, indem der Boden höhergelegt wurde.
Im zweiten Obergeschoss entstand zwischen den Gebäudeteilen ein Raum, den die Bewohnerinnen und Bewohner »Zwischenraum« nennen und der für gemeinschaftliche Aktivitäten genutzt wird. Dieser Raum wird von der Mieterschaft verwaltet. Auch die Außenräume werden für gemeinschaftliche Aktivitäten häufig genutzt.
Der ganze Umbau erfolgte in zwei Bauabschnitten. Die Mieterinnen und Mieter mussten in der Zeit ausziehen und sind teilweise während der Sanierung des zweiten Bauabschnitts in den fertigen ersten Bauabschnitt gezogen oder sind in anderen Wohnungen untergekommen. Die STÄWOG hat mit diesem Umbau den deutschen Bauherrenpreis in der Kategorie „Revitalisierung von Wohnsiedlungen“ gewonnen, weil hohe Qualität mit gleichzeitig tragbaren Kosten verbunden ist. Mehr Informationen unter Link
Auschnitt aus einem Vortrag im Rahmen des 15. Niedersächsischen Fachtages Wohnen im Alter "Wohnperspektiven für die geburtenstarken Jahrgänge" Link
Gutes Beispiel:
Städtische Wohnungsgesellschaft Bremerhaven (STÄWOG): Spiralenhaus (Erschließung mit einer Rampe)
Die STÄWOG hat die Wohnungen in einem weiteren Mietshaus mit einer einfachen vor den neuen Balkonen hängenden Rampenkonstruktion barrierefrei erschlossen. Insgesamt wurden 15 Wohnungen in einem Gebäude mit drei Geschossen erschlossen. Eine Mieterhöhung war für die Mieterinnen und Mieter nicht damit verbunden. mehr
Laut Aussagen von der STAWOG hat die Rampe zum damaligen Zeitpunkt 70.000 Euro gekostet (Fertigstellung 2019). Die drei Aufzüge, die erforderlich gewesen wären, um die Wohnungen zu erschließen, hätten 500.000 Euro gekostet zgl. 4.000 bis 5.000 Euro an jährlichen Wartungskosten. Ungefähr 55 m Breite sind erforderlich, um ein Geschoss barrierefrei nach DIN 18040 zu erschließen. Ein Umzug war während der Umbauphase nicht erforderlich. Weitere Informationen Link
Auschnitt aus einem Vortrag im Rahmen des 15. Niedersächsischen Fachtages Wohnen im Alter "Wohnperspektiven für die geburtenstarken Jahrgänge" Link
Unser Eindruck: Die Mieterinnen und Mieter sind sehr zufrieden mit dieser Lösung. Eine Mieterin nutzt einen elektisch betriebenen Rollstuhl und kommt damit gut in die dritte Etage. Ihre Tochter wohnt in der ersten Etage und für sie ist es mit dem Kinderwagen auch eine Erleichterung. Wir können uns vorstellen, dass es für sehr stark mobilitätsbeeinträchtigte Menschen ein Problem sein könnte, die Wohnungen ganz oben zu erreichen, da der Weg sehr lang ist (ungefähr 3-4 Minuten), dennoch können viele Menschen davon profitieren.
Neben der Anpassung des Wohnbestandes ist es auch wichtig, dass die Wohnungsanbieter einen Überblick über die Ausstattung der Wohnungen haben. Dabei können auch Kategorien mit definierten Kriterien hilfreich sein.
Zum Beispiel rollstuhlfreundliche Wohnungen, rollatorfreundliche Wohnungen und altersfreundliche Wohnungen. Einige Kriterien finden Sie hier pdf.
Dies sind allgemeine Hinweise, und sie sind auch nicht vollständig. Es muss im Einzelfall geprüft werden, ob die Wohnung für die jeweiligen Interessentinnen/Interessenten mit dem Rollator/Rollstuhl oder bei einer Mobilitätsbeeinträchtigung auch wirklich gut nutzbar ist. Auch Menschen, die eine Gehhilfe benutzen, können unterschiedlich mobil sein. Für viele Menschen ist schon eine zwei Zentimeter hohe Schwelle unüberwindbar, andere kommen damit gut zurecht.
Leitfaden zur inklusiven Planung von Baumaßnahmen des Bundes pdf mehr
Es werden rechtliche Hintergründe und Anforderungen für Planung und Bauen an verschiedene Handlungsfelder formuliert. Ein Teil des Leitfadens kann als Checkliste genutzt werden.
Barrierefreies Internet
Mit Inkrafttreten des Barrierefreiheitsstärkungsgesetzes im Juni 2025 wird die barrierefreie Gestaltung von Webseiten auch gesetzlich verpflichtend. Bei Aktion Mensch finden Sie Informationen, eine Checkliste und einen Test, ob Ihre Internetseite die notwendigen Standards erfüllt. Link
Barrierefrei informieren und kommunizieren (BIK) - für alle Link mehr
Hier finden Sie die Dokumentation eines informativen Webinars, in dem die Anforderungen an ein barrierefreies Internet anschaulich beschrieben sind. pdf
Die Terragonstudie zeigt, dass die Umsetzung von Barrierefreiheit kaum mit Mehrkosten verbunden ist, wenn klug geplant wird. mehr
Die Studie finden Sie hier pdf.
TERRAGON WOHNBAU hat dafür ein Musterprojekt durchgerechnet. Angenommen wurde der Neubau eines fünfgeschossigen Wohngebäudes in Berlin mit insgesamt 20 Wohnungen und 1.500 Quadratmetern Wohnfläche. Analysiert und in Tabellenform dargestellt wurden 148 Kriterien für barrierefreies Bauen nach der DIN 18040-2. Bei 138 Kriterien zeigte sich, dass Barrierefreiheit nicht mit Mehrkosten verbunden ist, sondern allein mithilfe einer intelligenten Planung erreicht werden kann.
Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass Barrierefreiheit nur gut ein Prozent der Gesamtbaukosten ausmacht. Diese Zahl ist jedoch nicht einfach so für Niedersachsen zu übernehmen. Die Mehrkosten beziehen sich darauf, dass mehr Wohnungen als in der Berliner Bauordnung vorgesehen sind barrierefrei gebaut werden. Die Bauordnung sagt dort aus, dass bei mehr als zwei Wohnungen eine Wohnung barrierefrei sein muss, in Niedersachsen sind es vier Wohnungen, von denen eine barrierefrei sein muss. Insbesondere bei Aufzügen fallen Mehrkosten an. Die meisten Maßnahmen sind allerdings kostenneutral und sollten demgemäß auch umgesetzt werden.
Im Zuge des demografischen Wandels ist rasches Handeln gefragt. So werden laut Kfw-Research bis 2030 rund 3,6 Millionen altersgerechte Wohnungen benötigt bzw. 2 Mio neu geschaffen werden müssen Link.
Neben dem benötigtem Wohnraum werden auch Strukturen benötigt, die soziale Kontake und Unterstützung ermöglichen. Bundes- und landesweit gibt es verschiedene Initiativen, die sich für bezahlbaren Wohnraum mit wenig/ohne Barrieren und für eine verbesserte soziale Wohnumgebung engagieren.
Positionspapier "Raum für die Zukunft" der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungsanpassung (BAG)
Die BAG Wohnungsanpassung hat 2023 ein Positionspapier veröffentlicht, in dem der Handlungsbedarf in Hinblick auf bezahlbaren barrierereduzierten Wohnraum, (Wohn-)Beratung, Weiterbildung und Netzwerkbildung beschrieben wird. Hier finden Sie das Positionspapier. Link
Impulspapier: Barrierefreies Wohnen für ALLE - Notwendigkeit oder Komfort? pdf
Das Impulspapier wurde auf dem gleichnamigen Wohnungspolitischen Kongress 2017 in Niedersachsen veröffentlicht.
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Beteiligt sind u. a. die kommunalen Spitzenverbände, die Wohnungswirtschaft, Wohlfahrtspflege, der Landesseniorenbeirat, das Büro der Landesbeauftragten für Menschen mit Behinderungen und nicht zuletzt das Niedersachsenbüro.
Empfehlungen für die Landesförderung: Bezahlbare barrierefreie Wohnungen bzw. Wohnungen mit wenig Barrieren pdf
Die Empfehlungen wurden 2017 im Rahmen eines Arbeitskreises bestehend aus den Beiräten für Menschen mit Behinderungen und Wohnberaterinnen/Wohnberatern formuliert. mehr
Die Empfehlungen wurden im Rahmen eines Arbeitskreises bestehend aus den Beiräten für Menschen mit Behinderungen und Wohnberaterinnen/Wohnberatern formuliert.